"Bildungs- perspektiven für das Rheinische Revier"

Dokumentation
1. Fachkonferenz

Datum: 02. November 2021
Uhrzeit: 13:00 - 16:30 Uhr
Ort: digital


Welche Bildungsperspektiven stellt das Rheinische Revier für seine Menschen bereit?

Am 02. November 2021 stellte das Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier den ersten Themenbericht „BildungsRAUM Rheinisches Revier - Eine regionale Perspektive“ in einer digitalen Fachkonferenz vor. Er zeigt die Region als Bildungslandschaft im Umbruch und wirft erste Schlaglichter auf die Themenbereiche „Soziodemografie“, „Wirtschaft“ und „Bildung“.

Andrea Schattberg, Leiterin des Fachbereichs Schule der Stadt Essen, leitete die Fachkonferenz mit einem Impuls ein und ging dabei der Frage nach, wie sich das regionale Bildungsmonitoring des Regionalverbands Ruhr und das Datenbasiertes Kommunale Bildungsmanagement der Stadt Essen ergänzen und voneinander profitieren. Sie betonte dabei vor allem den Wert des breiten Bildungsdialoges im Verbandsgebiet, der allen Innovationen vorangeht und inzwischen zu vielen strategischen Kooperationen zwischen Kommunen sowie staatlichen und zivilgesellschaftlichen Bildungsakteuren geführt hat und die Bildungslandschaft konkret verändert.

In drei parallelen Diskussionsforen „Bildungswanderung“, Arbeitsmarkteffekte des Braunkohleausstiegs“ und „Schulabgänger*innen ohne Abschluss“, stellte das Netzwerkbüro Bildung ausgewählte Ergebnisse aus dem Themenbericht vor, die durch Kurzvorträge von Expert*innen ergänzt und gemeinsam diskutiert wurden.

Abschließend skizzierte der Wirtschafts- und Sozialpädagoge Prof. Dr. Peter F. E. Sloane (Universität Paderborn) in einem Impuls,die großen, erkennbaren Zukunftstrends in der beruflichen Bildung mit Fokus auf den Strukturwandel.


Das Rheinische Revier soll eine Modellregion für nachhaltiges Wirtschaften und Leben werden; bis zum Jahr 2038 sollen hier die Ziele des Europäischen Green Deal beispielhaft umgesetzt sein. Diese Vision wird nur Wirklichkeit werden, wenn im Bildungssektor heute die Weichen für Veränderung gestellt werden. Das Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier leistet seinen Beitrag zu diesem Vorhaben indem es Bildungsdaten sammelt, aufbereitet und in Berichten zusammenfasst, die dann in verschiedenen Foren vorgestellt und diskutiert werden. Weitere Themenberichte und darauf aufbauende Informations- und Diskussionsveranstaltungen folgen in 2022.

Impulse

Andrea Schattberg

Leitung des Fachbereichs Schule der Stadt Essen

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Prof. Dr. Peter F. E. Sloane

Universität Paderborn
Wirtschafts- und Sozialpädagogik

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Diskussionsforen

"Bildungswanderung im Rheinischen Revier. Beispiele aus der StädteRegion Aachen"
Dr. Sascha Derichs, StädteRegion Aachen, Leitung Bildungsbüro

"Bildungswanderung"
Bernhard Hübers, Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier


Das Impulsforum zur Bildungswanderung begann mit einem Vortrag zur Situation im Rheinischen Revier, wobei Aspekte des Wohnortswechsels bestimmter Alterskohorten in den Revierkommunen um Themen der Mobilität erweitert wurden.

Hinsichtlich der zu beobachtenden tendenziellen Abwanderung der 18- bis unter 25-Jährigen zeigte sich dabei, dass bereits in der Kohorte der 25- bis unter 30-Jährigen in den meisten Revierkommunen leicht positive Saldi verzeichnet werden können. Dabei wurde das Interesse von Städten und Gemeinden betont, gerade junge Menschen möglichst langfristig an die Region zu binden.

Bezüglich der Mobilität stand das Pendeln von Auszubildenden im Mittelpunkt, wobei teilweise große Unterschiede zwischen den Revierkreisen deutlich wurden, die mit der jeweiligen Lage der Kommunen begründet wurde. So sind für die Kreise entlang der Rheinschiene etwa die angrenzenden Großstädte Düsseldorf und Köln mit ihren ausgeprägten Bildungsinfrastrukturen von besonderer Relevanz. Dabei wurde der große Andrang auf die Berufskollegs in Köln durchaus auch als Problem für die Großstadt selbst, aber auch für die abgebenden Kreise thematisiert. Während die Infrastruktur in Köln dadurch an ihre Grenzen kommt, kann das Pendeln für umliegenden Kreise langfristig zu einem Brain Drain und Standortnachteil führen.

Die StädteRegion Aachen, deren Perspektive auf die Themen Bildungswanderung und Mobilität im zweiten Input dargestellt wurde, ermöglicht hingegen einem Großteil der in ihr wohnhaften Auszubildenden den Besuch eines Berufskollegs in der StädteRegion selbst und bietet somit tendenziell eine wohnortnahe Möglichkeit zur Berufsbildung.

Damit stehen die Kreise des Rheinischen Reviers vor unterschiedlichen Herausforderungen für die Bewältigung des Strukturwandels.

"Die Braunkohlebranchen des Rheinischen Reviers und der Tagebaukreise"
Dr. Duncan Roth, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

"Beschäftigungseffekte des Braunkohleausstiegs"
Henry Peters, Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier


Die Strukturförderung, mit der der Strukturwandel in der Region unterstützt wird, dient einer aktiven Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Beschäftigungsfelder. Die anstehenden Veränderungen bergen Potentiale und Anforderungen gleichermaßen. Arbeitsplätze werden abgebaut, wandeln sich oder werden neu geschaffen.

Das Forum befasste sich mit der Frage, für welche Wirtschaftszweige im Rheinischen Revier größere Veränderungen zu erwarten sind. Vom Ausstieg aus der Braunkohle werden Unternehmen und Beschäftigte direkt und indirekt betroffen sein, wie aus dem Vortrag von Dr. Duncan Roth hervorging.

Andererseits ist in den letzten Jahren die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Rheinischen Revier stetig angestiegen und ist es von starken Wirtschaftszentren umgeben, wie die Pendlerverflechtungen mit dem Umland verdeutlichen.

Henry Peters (NBR) zeigte in seinem Input außerdem auf, welches Beschäftigungspotential in den Leitbranchen der Klimawende steckt.

"Schulabgänger*innen ohne Abschluss in Mönchengladbach"
Katja Meyer-Wegner, Stadt Mönchengladbach, Bildungsmonitoring

"Schulabgänger*innen ohne Abschluss"
Dr. Rabea Pfeifer, Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier


Laut Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2021 gelten 70,4 % der Personen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, im Alter zwischen 20 und 34 als nicht formal qualifiziert (BIBB Datenreport 2021: 280). Wenn man gleichzeitig bedenkt, dass die Arbeitslosenquote bei Personen ohne Ausbildung bei ca. 20 % und bei Personen mit Ausbildung bei ca. 3 % (siehe Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote 2020 der Bundesagentur für Arbeit) liegt wird deutlich, wie wichtig ein Schulabschluss für die Bildungs- und Berufslaufbahn junger Menschen ist. Aus diesem Grund wurde das Thema sowohl im Bericht des Netzwerkbüros aufgegriffen, als auch in einem Impulsforum der Fachkonferenz diskutiert.

Zu Beginn stellte Dr. Rabea Pfeifer die Ergebnisse aus dem Bericht vor und warf einige Fragen auf, die sich aus diesen ergeben haben. So wurde z. B. diskutiert, warum im Jahr 2018 die Anzahl der Abgänge ohne Abschluss nach oben geschnellt sind. Eine Erklärung wurde in dem Anstieg der Neuzuwanderung ab 2015 gesehen und auf zwei Veröffentlichungen zu diesem Thema hingewiesen:
•    Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Gefluechteten in NRW-Bericht-2020
•    Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Gefluechteten in NRW-Datenanhang-2020

Ebenso diskutierten die Teilnehmenden die Frage, wie die Abgänge ohne Abschluss an Gymnasien zu erklären sind, wobei hier keine abschließende Antwort gefunden wurde. Es wurde die These aufgestellt, dass dies mit dem Wechsel auf G8 zusammenhängt. Dazu gibt es folgende Rahmungen und Beiträge:
Schülerinnen und Schüler, die nach der Klasse 9 in G8-Gymnasien die Versetzung in die Einführungsphase einer Gymnasialen Oberstufe oder eines Beruflichen Gymnasiums erreichen, haben damit einen Hauptschul-Abschluss erreicht. Bei einer Nichtversetzung kann ein Hauptschul-Abschluss bescheinigt werden, wenn die Versetzungsbestimmungen des Hauptschul-Bildungsgangs erfüllt sind:
https://www.schulministerium.nrw/sites/default/files/documents/Merkblatt-zum-Erwerb-des-Mittleren-Schulabschlusses.pdf

Anschließend stellte Frau Meyer-Wegner den präventiven Ansatz der Stadt Mönchengladbach vor. Hier wird davon ausgegangen, dass Schulabsentismus und Schulmüdigkeit Vorzeichen eines Abgangs ohne Abschluss sind. Aus diesem Grund wird durch Netzwerkaufbau und eine enge Verzahnung von Jugendhilfe und Bildungsbüro versucht, Angebote für von Schulmüdigkeit betroffene Schüler*innen weiter zu entwickeln und die an Schulen durchgeführten Abfragen zu dem Thema zu verbessern. Deutlich wurde auch, dass der kommunale und der regionale Ansatz im Monitoring sich hier gegenseitig rahmen und unterstützen können.

In der weiteren Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass nicht nur allgemeinbildende, sondern auch berufliche Schulen von dem Thema betroffen sind und genauso einbezogen werden müssen wie auch die Betriebe. Bei Letzteren wurde darauf hingewiesen, dass ein Bürokratieabbau das Angebot von Schüler*innepraktika erleichtern würde und dass Unterstützung notwendig ist, wenn z. B. Schüler*innen mit besonderem Förderungsbedarf eine Ausbildungsstelle erhalten. Eine Möglichkeit der Unterstützung die genannt wurde, ist der Aufbau eine Mentoringnetzwerkes zur Unterstützung der jungen Menschen.

Quellen

BIBB 2021: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2021 unter:
https://www.bibb.de/dokumente/pdf/bibb-datenreport-2021.pdf

Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Gefluechteten in NRW-Bericht-2020 (PDF) & Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Gefluechteten in NRW-Datenanhang-2020 (PDF) unter
http://www.integrationsmonitoring.nrw.de/integrationsberichterstattung_nrw/berichte_analysen/Sonderauswertungen/index.php

Bundesagentur für Arbeit 2021: Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote 2020, online abrufbar unter:
https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html;jsessionid=9FD6956A27A6126C5B071C33C8F02977?nn=20918&topic_f=alo-qualiquote

Kontakt

Johannes Schnurr
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Stellvertr. Projektleitung
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