„Ressort- und fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit ist nicht nur ein ‚nice to have‘“
Ein Interview mit Helena Baldina, Wissenschaftliche Mitarbeiterin von der Regionalen Entwicklungsagentur für kommunales Bildungsmanagement NRW
Was ist die Regionale Entwicklungsagentur für kommunales Bildungsmanagement NRW?
Die Regionale Entwicklungsagentur für kommunales Bildungsmanagement NRW (REAB NRW) ist ein Strukturprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das seit dem 1. Februar 2024 die Arbeit des Vorgängerprogramms, der Transferagentur NRW (2014 – 2024), fortführt. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin unterstütze ich mit meinen Kolleg*innen in den kommenden vier Jahren vor allem Kreise und kreisfreie Städte in Nordrhein-Westfalen bei der (Weiter-)Entwicklung des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements durch Fachtage, Austausch- und Vernetzungsformate, Transferprodukte oder auch kommunale Change- und Prozessberatungen. Ebenso tragen wir zum Fachdiskurs auf Bundesebene im Fachnetzwerk kommunales Bildungsmanagement, in dem acht weitere regionale Entwicklungsagenturen und fünf thematische Fachstellen vertreten sind, bei. Seit zwei Jahren begleiten wir als Team auch das BMBF-Förderprogramm „Bildungskommunen“, welches u. a. eine thematische Vertiefung im Bereich von beispielsweise Fachkräftesicherung/Bildung im Strukturwandel in den Kommunen vorsieht. In meiner Arbeit bilden die Bereiche Bildungsmonitoring, Kommunikation und Fachkräftesicherung/Bildung im Strukturwandel den Schwerpunkt. Ziel ist es, durch zum Beispiel kreisinterne Workshops oder auch Entwicklungswerkstätten zu kommunalen Bildungsstrategien zur Sicherung von Fachkräftebedarfen den Handlungsspielraum der Akteure auszuloten, diese bei ihren Anliegen zu begleiten und sie in ihrer Arbeit vor Ort zu unterstützen, um dem doch sehr komplexen Themenfeld auf kommunaler Ebene zu begegnen.
Der Strukturwandel im Rheinischen Revier bringt sowohl ökonomische als auch sozial-ökologische Transformationsprozesse mit sich.
Welche Fragen und Herausforderungen stellen sich der REAB NRW hinsichtlich der eigenen Themenschwerpunkte?
Für uns stellt sich zuerst immer die Frage, welche Fragen und Herausforderungen haben die Akteure im kommunalen Bildungsmanagement und durch welche Formate oder Produkte können wir diese bestmöglich aufgreifen. Nicht alle Kommunen in NRW sind gleichermaßen vom Strukturwandel betroffen und bringen dementsprechend unterschiedliche Anliegen mit. Die Kommunen im Ruhrgebiet schauen beispielsweise schon auf eine länger zurückliegende Geschichte des Strukturwandelprozesses, der die Region nachhaltig geprägt hat. Fragen der Bildungsplanung sind dort in Teilen anders gelagert als in Kommunen, die sich erst vor Kurzem auf den Weg gemacht haben, sich mit den Auswirkungen des Strukturwandels zu beschäftigen. Ein Schwerpunkt, der jedoch in allen Kommunen gleichermaßen zu finden ist, ist der Wandel hin zu einer digitalen Gesellschaft. Hier zeigt sich eindeutig, dass viele Kommunen noch Unterstützungsbedarfe haben, um mit der rasant fortschreitenden Digitalisierung und der digitalen Transformation Schritt zu halten. Im Bereich des kommunalen Bildungsmonitorings zeigt sich dies u. a. darin, dass Aspekte der Datenverfügbarkeit, Möglichkeiten der automatisierten Datenintegration oder auch ämterübergreifender Datenaustausch vielfach weiterentwickelt werden müssen, um die Bildungsplanung vor Ort besser steuern zu können. Für die Mitarbeitenden der „Bildungskommunen“ aber auch darüber hinaus stellt sich derzeit vermehrt die Frage, wie eine analog-digital vernetzte Bildungslandschaft erfolgreich umgesetzt werden kann, damit möglichst alle Menschen auf dem Weg der Transformation mitgenommen werden und partizipieren können.
Welche Chancen sieht die REAB NRW im Strukturwandel?
Eine zentrale Chance, wie bei allen Veränderungsprozessen, liegt primär darin, alte Gewohnheiten, Handlungslogiken und Selbstverständlichkeiten zu überdenken und diese im Sinne einer nachhaltigen Zukunftsvision für die jeweiligen Bildungsregion(en) auszurichten. Das kreative Potential, das in vielen Kommunen vorhanden ist, und in Teilen aufgrund der Dringlichkeit des Strukturwandels und der Fachkräftesicherung erst zum Tragen kommt, kann so in Bildungsplanung und -steuerung bestmöglich genutzt werden. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass ressort- und fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit nicht nur ein ‚nice to have‘ ist, sondern einen tatsächlichen Mehrwert bietet. Wir sehen das in Kommunen, in denen das Bildungsbüro mit beispielsweise der Wirtschaftsförderung, der Bundesagentur für Arbeit oder auch dem Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) zusammenarbeitet und Bildungsangebote besser auf die Bedarfe vor Ort angepasst werden. Bildung selbst wird somit sekundär auch zum Standortfaktor für den Strukturwandel und bestärkt die Rolle der Regionalen Bildungsnetzwerke und -büros in NRW.
Helena Baldina ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der REAB NRW, mit Sitz in Münster und unter der Trägerschaft des Instituts für soziale Arbeit e.V. Sie hat Geschichte, Angewandte Philosophie und Migration und Diversität studiert. Bevor sie 2020 in der Transferagentur NRW in die Beratung zum datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) startete, hat sie längere Zeit im Bereich der Migrationsberatung eines Wohlfahrtsverbands gearbeitet.